London, United Kingdon – June 6, 2018: Grayson Perry. Foto: Fred Duval

on art …

… gibt es seit Mai 2020. Zunächst war on art nicht mehr und nicht weniger als eine Kunstpresseschau, die sechsmal pro Woche in einem anfangs recht kleinen Kreis von Freunden verbreitet wurde. Die rasante Entwicklung, die dieser Newsletter von da aus nahm, hat uns damals überrascht und tut dies auch noch heute. Denn die Zahl der Abonnenten unserer on art PressReview wuchs bereits in der Anfangsphase mit hohem Tempo. Wir freuen uns, dass es dabei bis heute geblieben ist.

Im November 2022 haben wir unserer Kunstpresseschau etwas Neues an die Seite gestellt: das on art Magazine, ein online erscheinendes Magazin-Format über bildende Kunst. Was wir mit diesem Magazin vorhaben, erfahren Sie aus den folgenden Zeilen:

Nach wie vor …

… sind wir eigentlich ganz froh, dass wir uns mit der Beantwortung der Frage, wie wir uns ein Online-Magazin über bildende Kunst vorstellen, am Anfang Zeit gelassen haben. So konnten wir uns an die Arbeit machen und in Ruhe das Geschehen mit seinen Anforderungen auf uns wirken lassen. Wir setzten auf eine Philosophie der kleinen Schritte. Dennoch stand die Frage, wie ein Online-Titel über Kunst aussehen muss, damit er sich im Wettbewerb behaupten kann, im Raum und begleitete uns. Wobei uns klar war, dass sich ein neues Format wesentlich von bereits bestehenden Titeln unterscheiden müsse. Und dass die Dringlichkeit der Fragestellung mit der Ausbreitung von KI zunehmen würde.

Aber was könnte den Unterschied zwischen uns und anderen ausmachen?

Kunst als anthropologische Konstante

Auf den ersten Blick ist unsere Antwort einfach: Wir sehen Kunst nicht nur als das, was der gegenwärtige Kunstbetrieb oder die westliche Kunstgeschichtsschreibung vorgibt. Wir gehen etwas weiter und sehen Kunst als eine anthropologische Konstante. Für diese Sichtweise ist die Tatsache bestimmend, dass sich bereits unter den frühesten Zeugnissen der menschlichen Kulturgeschichte Artefakte finden, die durch ihre über den reinen Werkzeugcharakter hinausgehende Gestaltung auffallen. Also durch etwas, das nicht sein muss, aber trotzdem da ist.

In diesem Etwas sehen wir den Impuls, mit dem wir uns beschäftigen wollen. Denn ohne diesen Impuls kann keine Kunst entstehen.

Wir sehen außerdem, dass sich der durch den Gestaltungswillen verursachte Mehrwert von der – ursprünglich? – reinen Funktionalität lösen kann und sich in der Kunst der Neuzeit bis hin zum Postulat reiner Autonomie emanzipiert. Die Autonomie der Kunst bringt es mit sich, dass aus Berufen eine Berufung wird. Dennoch bleibt es bei der anthropologischen Konstante, weil sie in alltäglichen, absichtslosen Verrichtungen breiten Raum findet. Außerdem geht sie mit der professionellen Kunst immer wieder Verbindungen ein. Oder umgekehrt: Joseph Beuys hat seinerzeit auf die Verbindung zwischen künstlerischer Gestaltung und Alltagstun hingewiesen. Ein Beispiel war für ihn der Akt des Kartoffelschälens.

“Politische” Kunst

Nun scheint es so, als ob der gegenwärtige Kunstbetrieb den Konsens, Kunst als autonomes Feld zu betrachten, hinter sich lassen möchte. An seine Stelle tritt ein “politisches” Konzept von Kunst, das im Künstler jemanden sieht, der durch seine Arbeit, möglichst explizit, einen Beitrag zur Verbesserung der Welt zu leisten hat. In dieser Verantwortung reiht er sich ein in die breiten gesellschaftlichen Bemühungen, die dieser Bestimmung ebenfalls folgen. Wir meinen, dieser Form des Greenwashings bedarf Kunst nicht. Vielmehr entsteht mit der Schaffung eines ästhetischen Mehrwerts grundsätzlich eine Beziehung zwischen dessen Produzenten auf der einen und gesellschaftlicher Macht auf der anderen Seite. Diese Beziehung hat die Form eines Begehrens der Macht. Allein deshalb ist die anthropologische Konstante, gleichgültig ob sie als Alltagstun oder Kunst in Erscheinung tritt, nicht erst durch die Verarbeitung politischer Inhalte, sondern per se politisch. Man kann diesen Sachverhalt ignorieren. Was wir allerdings nicht zu tun gedenken.

Kulturalismus

Es gibt ein weiteres Beispiel dafür, wie sich zurzeit die Gewichte verschieben: Bazon Brock hat dies im Zusammenhang mit der documenta 15 folgendermaßen umrissen: “… die documenta ist sozusagen ein triumphales Zeugnis für das Beenden der westlichen Idee von Autorität durch Autorschaft …” Die werde, so schreibt er, durch die “Front des Kulturalismus” bedroht, die den Autor durch das Kollektiv zu ersetzen trachte. Man kann Bazon Brock und allen anderen, die seine Kritik teilen, selbst dann nicht zustimmen, wenn man (wie wir es tun) die Virulenz und die Gefährlichkeit kulturalistischer Haltungen nicht bestreitet. Weil es auch in der europäischen Kunstgeschichte zahlreiche Hervorbringungen durch Kollektive (z.B. im Surrealismus) gibt, deren Wert niemand ernsthaft bestreitet. Und weil wir nicht daran glauben, dass der “globale Süden” den Untergang des Abendlandes plant.

Pessimismus

Wir sehen auch, dass der Pessimismus groß ist. Die Messbarkeit publizistischen Erfolgs hat viele Illusionen der Kunstkritik, die Jahrzehnte gepflegt wurden, zerstört. Aus unserer Sicht ist dies ein leicht verschmerzbarer Schaden. Allerdings sehen wir uns in Zukunft veranlasst, mehr als nur Orientierung, bezogen auf das nächste Event, anzubieten. Unsere Aufgabe ist es, deutlich zu machen, dass Kunst weder Bildungsauftrag noch Befriedungsinstrument, sondern Ausdruck von Menschlichkeit ist. Daher ist sie für jeden da.

Wer ist re-book?

re-book ist ein Netzwerk für Kommunikation und Marketing im Bereich der Kultur. Unsere Schwerpunkte: Kunst, Musik und Literatur. Hier kennen wir uns aus und helfen Ihnen, die Weichen für den Erfolg Ihres Anliegens zu stellen. Der Kulturbetrieb bietet uns in der Projektentwicklung, der strategischen Planung, aber auch praxisbezogen im Tagesgeschäft eine Vielfalt von Herausforderungen, denen wir uns gern stellen – im Auftrag unserer Kunden, gelegentlich aber auch, in dem wir selbst die Initiative ergreifen. Zu diesen Initiativen gehört die Website, die Sie gerade besuchen, und natürlich auch die Kunstpresseschau on art, die Sie in der Rubrik “Subscribe” abonnieren können.